Wir gedenken der Opfer
Das Projektteam nahm an einer Gedenktour in Münchner Olympiapark teil. Seit zwei Jahren arbeiten die Historikerkommission und die IfZ-Forschungsstelle an der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Ereignisse.
Es ist genau 53 Jahre her, dass Terroristen das Team der israelischen Sportler in den Apartments der Connollystraße 31 überfielen – elf Geiseln wurden bei dem Anschlag ermordet, ein deutscher Polizist starb bei dem Einsatz. Erst 45 Jahre später wurde der Erinnerungsort am Olympia-Gelände eingeweiht. Zur Geschichte des Anschlags gehört auch der Kampf der Opfer-Familien um ein würdiges Gedenken, um angemessene Entschädigung und um Aufklärung. Auf Einladung der israelischen Generalkonsulin Talya Lador-Fresher nahmen mehrere Mitglieder des Forschungsprojekts an der Gedenktour im Olympia-Park teil. Mit dabei waren auch Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, und Alfred Fliegerbauer, Sohn des deutschen Polizisten Anton Fliegerbauer, der beim Einsatz 1972 ums Leben kam. Werner Karg, Ministerialrat im Kultusministerium, betonte die Bedeutung des Erinnerungsorts, der 2017 im Olympiapark eröffnet wurde und seitdem als frei zugänglicher Raum über die Ereignisse von 1972 informiert.
Bis heute haben die Familien der Opfer viele Fragen, die Forschenden wollen nach mehr als fünf Jahrzehnten Antworten darauf finden. Seit zwei Jahren arbeiten die achtköpfige Historikerkommission und die IfZ-Forschungsstelle an der ersten umfassenden wissenschaftlichen Aufarbeitung des Anschlags, seiner Vor- und Nachgeschichte. Wesentlicher Bestandteil der Arbeit war und ist die Lokalisierung und Öffnung von Quellen, die bislang noch nie eingesehen wurden. Darunter sind Dokumente, die gar nicht in Archiven liegen, sondern bei Behörden, wie zum Beispiel bei der Generalbundesanwaltschaft, beim Bundesnachrichtendienst oder beim Bundesamt für Verfassungsschutz.
In der IfZ-Geschäftsstelle analysieren fünf hauptamtlich Forschende in enger Abstimmung mit der ehrenamtlich arbeitenden internationalen Historikerkommission die großen Quellenbestände. Mehr als 100 000 Dokumenten-Seiten wurden bisher ausgewertet. In die Forschung fließen Akten aus mehr als 40 Archiven und Behörden ein. Die Forschenden recherchieren dazu auch in zahlreichen anderen Ländern, im europäischen Ausland ebenso wie in den USA, in Kanada oder in Israel. Dazu kommen erstmalige Sichtungen von Nachlässen und die Befragung noch lebender Zeitzeugen. Das Team hat sich nicht nur mit externen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ausgetauscht, sondern auch mit Journalisten, die seit Jahren zum Thema recherchieren und zum Beispiel ältere Zeitzeugen-Interviews archiviert haben. Im Abschlussbericht werden auch die Schwierigkeiten bei der Quellensuche transparent gemacht und so gut wie möglich etwaige Lücken aufgezeigt werden. So ist zum Beispiel die Forschung in arabischen Ländern schwer möglich. Ziel des Projektes ist es, dass alle eingesehen Quellen in Archive überführt werden, damit sie der Forschung zugänglich sind.
Die Forschungsergebnisse werden auf zwei Wegen publiziert: Ein Bericht von Historikerkommission und IfZ-Forschungsstelle wird voraussichtlich Ende 2026 an das Bundesministerium des Innern gehen. Darüber hinaus wird 2027 ein wissenschaftlicher Sammelband veröffentlicht. Alle Veröffentlichungen erfolgen in den drei Sprachen hebräisch, englisch und deutsch.
